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Pfändungsfreigrenzen eines deutschen Insolvenzschuldners bei Tätigkeit im Ausland

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor einem deutschen Insolvenzgericht ist Ansprechpartner bzw. Gegner hinsichtlich der Berechnung und Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen der Insolvenzverwalter.

Pfändungsfreigrenzen eines deutschen Insolvenzschuldners bei Tätigkeit im Ausland
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor einem deutschen Insolvenzgericht ist Ansprechpartner bzw. Gegner hinsichtlich der Berechnung und Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen der Insolvenzverwalter.


Natürlich kann sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Wohnsitz bzw. die Haupttätigkeit des Insolvenzschuldners ins Ausland verlegen. Dann ändert sich aber auch das sogenannte Prozessgericht. Während in Deutschland grundsätzlich einem eröffneten Insolvenzverfahren des Insolvenzgericht unabhängig vom tatsächlichen Wohnort des Insolvenzschuldners in Deutschland zuständig bleibt, ändert sich bei der Verlagerung des Wohnsitzes bzw. der Haupttätigkeit des Insolvenzschuldners ins Ausland auch das Prozessgericht ins Ausland. Der Insolvenzverwalter bzw. der Insolvenzschuldner müssen dann den Streit hier bei diesem Gericht ausrichten.

Die Frage der Pfändungsfreigrenzen richtet sich dementsprechend nach der Frage der Zuständigkeit des Gerichtes. Für Vollstreckungssachen ist gemäß § 828 ZPO Abs. 2 das Amtsgericht zuständig, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ansonsten ist das Gericht zuständig, bei dem nach § 23 ZPO gegen den Schuldner die Klage erhoben werden kann. § 23 ZPO sieht dabei vor, dass bei Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche (auch Zwangsvollstreckung daraus) für den Fall, dass die Personen im Inland keinen Wohnsitz mehr haben, das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk sich das Vermögen des Schuldners befindet, ansonsten gilt bei Forderungen der Ort, wo das Vermögen sich befindet, als der Wohnsitz des Schuldners.

Für die Frage, wie bei einem eröffneten Insolvenzverfahren vorzugehen ist, wenn der Schuldner zwar seinen Wohnsitz innerhalb der EU, aber nicht mehr in Deutschland hat, existiert eine Entscheidung des Landgerichtes Traunstein, Beschluss vom 3.2.2009 zum Az. 4 T 263/09. Das Landgericht Traunstein hat dabei entschieden, dass bei einem eröffneten Insolvenzverfahren sich die Pfändbarkeit, des im vorliegenden Fall in Österreich erzielten Arbeitseinkommens, nach dem einschlägigen Insolvenzstatut und damit nach deutschem Recht richtet. Entsprechend der EG-Verordnung über Insolvenzverfahren regelt das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung, im vorliegenden Fall also deutsches Recht, unter welchen Voraussetzungen das Insolvenzverfahren eröffnet wird und wie es durchzuführen und zu beenden ist. Insbesondere regelt es auch, welche Vermögenswerte zur Masse gehören und wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbenen Vermögenswerte zu behandeln sind. In einem in Deutschland eröffneten Verfahren
bestimmt sich die Insolvenzmasse nach der Insolvenzordnung. Auch ausländisches Vermögen des Schuldners gehört hiernach zur Insolvenzmasse. Dementsprechend entschied das Landgericht Traunstein, dass sich die Pfändungsfreigrenzen nach deutschem Recht richten. Dies setzt aber ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus bzw. bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens richten sich die Vorschriften bezüglich der Pfändungsfreigrenzen dann nach deutschem Recht. Vorausgesetzt ist hier auch, dass die Tätigkeit bei einem Arbeitgeber ausgeübt wird, die unter die Regeln der EG-Verordnung fällt, wie z.B. Österreich.

Für die Schweiz hingegen richtet sich die Frage der Bemessung der Pfändungsfreigrenzen nach der Frage des Prozessgerichtes. Bekanntermaßen gehört die Schweiz nicht zur EU. Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, so richtet sich die Frage der Berechnung des Pfändungsfreibetrages nach deutschem Recht. Hier gibt es bereits eine entsprechende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 2017 zum Az. IX ZB 63/16. Im betreffenden Fall hat der Insolvenzschuldner seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt, hat jedoch bei zwei Schweizer Einrichtungen Altersrente bezogen. Der Bundesgerichtshof hatte ausdrücklich festgestellt, dass das Insolvenzgericht, welches ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens dafür zuständig ist, gemäß § 36 Abs. 4 S. 1, Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 850e Nr. 2a ZPO auf Antrag (meist des Insolvenzverwalters) die Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch anordnen kann, soweit diese der Pfändung unterworfen sind. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle eröffneter Insolvenzverfahren auch für ausländische Einkünfte, im speziellen Fall betraf es Schweizer Renten. Grundsätzlich ist es zwar so, dass die Altersrenten des Schweizer Rententrägers nach den einschlägigen Vorschriften der Schweiz unpfändbar sind, sie fallen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes jedoch nach dem insolvenzrechtlichen Universalprinzip in die Insolvenzmasse. Dementsprechend hat das Gericht entschieden, dass die Frage der Pfändbarkeit sich folglich nach dem Recht des Staates des Insolvenzverfahrens richtet und nach diesem Recht zu beurteilen ist (lex fori concursus; § 335 InsO). Das Gericht urteilte, dass die Vorschrift des § 850e ZPO, die nur über die Verweisung gemäß § 36 InsO Anwendung findet, in diesem Fall dem Insolvenzrecht zuzuordnen sei und damit auch anwendbar ist. Der Bundesgerichtshof hat nochmals ausdrücklich festgehalten, dass außerhalb eines Insolvenzverfahrens sich die Pfändbarkeit eines Gegenstandes nach dem Recht des Ortes, an welchem sich der Gegenstand befindet und an welchem die Zwangsvollstreckung betrieben werden müsste, richtet. Eine Forderung ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20. Dezember 2012 zum Az. 9 ZR 130/10) beim Drittschuldner belegen. Drittschuldner wäre in diesem Fall der Arbeitgeber.

Zusammenfassung bleibt festzuhalten, dass sich bei einem eröffneten Insolvenzverfahren entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2017 die
Pfändungsfreigrenzen nach dem Recht des Staates richten, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ist das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, richten sich die Pfändungsfreigrenzen nach dem Recht des Ortes, an welchem sich der Gegenstand befindet bzw. dort, wo die Zwangsvollstreckung betrieben werden müsste. Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden, dass die Forderung, wenn sie denn vollstreckt wird, beim Arbeitgeber, dem Drittschuldner, belegen ist und damit sich nach dem Recht des Ortes des Arbeitgebers richtet. Ist der Arbeitgeber in Österreich, ist österreichisches Recht anwendbar. Ist der Arbeitgeber in der Schweiz, ist Schweizer Recht anwendbar.

Der Bundesgerichtshof hat 2017 sich einmal grundsätzlich mit der Frage beschäftigt, welches Recht im Bereich der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen anzuwenden ist, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Im Ergebnis kommt der BGH zu der Entscheidung, dass sich die Frage der Pfändbarkeit und damit auch die Frage der Höhe der Pfändbarkeit nach dem Land richten, wo das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und damit, wo der Wohnsitz ist.