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👩‍⚖️ Pflichten bei faktischer Haushaltssperre – gilt das auch für sachkundige Einwohner?

Kurz gesagt:
Die rechtliche Pflicht zur Kontrolle, zur Einhaltung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und zur Initiative bei Unregelmäßigkeiten trifft ausschließlich die Stadtvertreter, nicht die sachkundigen Einwohner.

Aber: Auch sachkundige Einwohner tragen eine Mitverantwortung im Rahmen ihrer beratenden Tätigkeit – sie haben keine Rechtspflicht, aber eine politisch-ethische Pflicht zur Mitwirkung und Hinweisgabe.


🔹 1. Stadtvertreter sind Träger des kommunalen Ehrenamts (§ 23 KV M-V)

Nur Stadtvertreter sind Mitglieder des kommunalen Hauptorgans „Stadtvertretung“.
Sie sind nach der Kommunalverfassung verpflichtet,

„auf die gesetzmäßige, zweckmäßige und wirtschaftliche Verwaltung der Gemeinde hinzuwirken“ .

Das ist eine eigenständige Rechtspflicht aus ihrem kommunalen Ehrenamt.
Verstoßen Stadtvertreter dagegen, kann dies als Amtspflichtverletzung gewertet werden – Verlust des Mandats bei grober Pflichtverletzung.

➡️ Fazit: Nur Stadtvertreter haben eine rechtliche Handlungspflicht, wenn sie von einer faktischen Haushaltssperre oder sonstigen Unregelmäßigkeiten erfahren.


🔹 2. Sachkundige Einwohner (§ 36 KV M-V) – beratende Funktion ohne Entscheidungskompetenz

Sachkundige Einwohner sind nicht Mitglieder der Stadtvertretung, sondern werden zur Mitwirkung in Ausschüssen berufen (§ 36 Abs. 5 KV M-V).
Sie haben dort beratende Stimme, aber kein Stimmrecht.

Ihre Funktion ist es,

  • Fachwissen einzubringen,
  • die Arbeit der Stadtvertretung zu unterstützen,
  • und zur Sachdiskussion beizutragen.

Sie unterliegen aber keiner Pflicht zur Kontrolle der Verwaltung oder zum Tätigwerden nach § 34 KV M-V.


🔹 3. Was sachkundige Einwohner dennoch tun sollten

Auch wenn keine rechtliche Pflicht besteht, ergibt sich aus der kommunalen Verantwortung und Treuepflicht gegenüber der Gemeinde eine moralische bzw. politische Verpflichtung:

  • Sachkundige Einwohner sollten Hinweise auf Unregelmäßigkeiten (z. B. faktische Haushaltssperre, rechtswidrige Zahlungen, Verstöße gegen Haushaltsrecht) unverzüglich dem Ausschussvorsitzenden oder der Stadtvertretung mitteilen.
  • Sie können Anregungen oder Hinweise schriftlich einreichen, damit die Stadtvertretung ihrer Pflicht zur Kontrolle nachkommen kann.

➡️ Fazit:
Sachkundige Einwohner müssen nicht aktiv einschreiten, können aber durch interne Mitteilung wesentlich zur Aufklärung beitragen.


🔹 4. Zusammenfassung

RolleRechtliche GrundlagePflicht zur Kontrolle (§ 32 KV M-V)Handlungspflicht bei faktischer HaushaltssperreKonsequenzen bei Untätigkeit
Stadtvertreter§§ 23–34 KV M-V✅ Ja✅ Muss tätig werdenMögliche Pflichtverletzung, Aufsichtsmaßnahmen
Sachkundiger Einwohner§ 36 KV M-V❌ Nein⚠️ Nur moralische/politische PflichtKeine rechtliche Sanktion, aber Vertrauensverlust

🔹 5. Praxis-Tipp

Wenn sachkundige Einwohner von einer möglichen Haushaltssperre oder rechtswidrigen Ausgaben erfahren, sollten sie:

  1. den Ausschussvorsitzenden oder die Stadtvertretung informieren,
  2. ihre Kenntnis dokumentieren (z. B. per E-Mail),
  3. nicht eigenmächtig öffentlich agieren, sondern den internen Informationsweg nutzen.

So handeln sie verantwortungsbewusst, ohne ihre Kompetenzen zu überschreiten.


🔹 Fazit

➡️ Nur Stadtvertreter haben eine rechtliche Pflicht zum Einschreiten nach § 34 KV M-V,
➡️ sachkundige Einwohner dagegen eine beratende und moralische Verantwortung, Missstände intern mitzuteilen.

Damit bleibt die Kontrollfunktion klar bei der Stadtvertretung, während sachkundige Einwohner unterstützend, aber nicht entscheidend tätig werden.

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Über RAIN Brandt

Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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