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Zugewinnausgleich und Restschuldbefreiung – Was passiert mit Schulden nach der Insolvenz bei einer Scheidung?

Zugewinnausgleich und Restschuldbefreiung – Eine Ehe bringt nicht nur Freude und gemeinsame Lebensplanung, sondern oft auch komplexe finanzielle Fragen mit sich. Besonders schwierig wird es, wenn einer der Ehepartner zu Beginn der Ehe verschuldet war, später ein Insolvenzverfahren durchläuft und nach der Restschuldbefreiung eine Scheidung bevorsteht.

Viele Betroffene fragen sich dann:

  • Zählen die alten Schulden im Zugewinnausgleich als negatives Anfangsvermögen?
  • Oder spielt es nach der Restschuldbefreiung keine Rolle mehr, dass ich hoch verschuldet war?
  • Kann mein vermögender Ehepartner verlangen, dass meine alten Schulden berücksichtigt werden?

Dieser Beitrag gibt eine umfassende rechtliche Einordnung und zeigt, welche Chancen und Risiken beim Zugewinnausgleich nach einer Insolvenz bestehen.


1. Grundprinzipien des Zugewinnausgleichs

In den meisten Ehen in Deutschland gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB). Das bedeutet:

  • Jeder Ehegatte behält während der Ehe sein eigenes Vermögen.
  • Bei einer Scheidung findet jedoch ein Zugewinnausgleich statt.

Der Zugewinnausgleich berechnet sich in drei Schritten:

  1. Anfangsvermögen: Vermögen (oder Schulden!) zum Zeitpunkt der Eheschließung.
  2. Endvermögen: Vermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags.
  3. Zugewinn: Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen.

Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz an den anderen zahlen.

👉 Wichtig: Auch negative Werte (Schulden) können beim Anfangsvermögen berücksichtigt werden.


2. Schulden als negatives Anfangsvermögen

Hatte ein Ehegatte zu Beginn der Ehe Schulden, so gilt nach der Rechtsprechung:

  • Schulden werden beim Anfangsvermögen mit einem negativen Wert angesetzt.
  • Beispiel: Wer mit –30.000 € Schulden in die Ehe startet und am Ende der Ehe 0 € Vermögen hat, erzielt einen „Zugewinn“ von +30.000 €, weil er sich von Schulden befreit hat.

Das bedeutet: Auch eine Schuldenfreiheit durch Insolvenz oder Restschuldbefreiung kann rechnerisch einen Zugewinn darstellen.


3. Restschuldbefreiung und ihre Wirkung auf das Anfangsvermögen

Die zentrale Frage lautet: Bleiben die alten Schulden nach Restschuldbefreiung im Zugewinnausgleich relevant oder nicht?

a) Sicht der Rechtsprechung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu eine klare Linie entwickelt:

  • Alte Schulden zählen auch nach einer Restschuldbefreiung weiterhin als negatives Anfangsvermögen.
  • Die Tatsache, dass die Gläubiger ihre Forderungen nach Restschuldbefreiung nicht mehr durchsetzen können, ändert nichts daran, dass der Schuldner „vermögenslos gestartet“ ist.

Mit anderen Worten: Die Insolvenz „löscht“ die Schulden nicht vollständig für die Zugewinnausgleichsberechnung, sondern es bleibt beim negativen Ansatz im Anfangsvermögen.

b) Begründung

Der Gedanke dahinter ist einfach: Es wäre ungerecht, wenn jemand, der hoch verschuldet in die Ehe geht, so behandelt würde, als sei er „mit 0 €“ gestartet. Schließlich bedeutet die Restschuldbefreiung einen echten wirtschaftlichen Vorteil.


4. Beispielrechnung

Ehefrau A hatte bei Eheschließung Schulden in Höhe von 50.000 €.
Ihr Ehemann B verfügte zu diesem Zeitpunkt über ein Vermögen von 100.000 €.

  • Anfangsvermögen A: –50.000 €
  • Anfangsvermögen B: +100.000 €

Nach 10 Jahren Ehe:

  • A erhält Restschuldbefreiung, hat nun 0 € Vermögen.
  • B hat sein Vermögen auf 150.000 € vermehrt.

Berechnung des Zugewinns:

  • Zugewinn A: von –50.000 € auf 0 € = +50.000 €
  • Zugewinn B: von 100.000 € auf 150.000 € = +50.000 €

Ergebnis: Beide Ehepartner haben den gleichen Zugewinn erzielt. Ein Ausgleichsanspruch besteht nicht.

👉 Hätte man die Schulden nicht berücksichtigt, sähe die Rechnung völlig anders aus – A hätte 0 Zugewinn, B dagegen 50.000 €. A würde dann einen Ausgleichsanspruch von 25.000 € haben, was nicht gerecht wäre.


5. Was bedeutet das für die Praxis?

Für Betroffene heißt das konkret:

  • Ihre alten Schulden werden berücksichtigt – auch wenn Sie sie durch die Restschuldbefreiung los sind.
  • Sie starten im Zugewinnausgleich nicht „bei Null“, sondern mit dem negativen Anfangsvermögen.
  • Damit verringert sich Ihr Anspruch auf Zugewinnausgleich erheblich.

Gerade wenn der andere Ehepartner Vermögen aufgebaut hat, lohnt es sich, diesen Punkt rechtlich sauber prüfen zu lassen.


6. Sonderfragen

a) Was ist mit neu entstandenen Schulden während der Ehe?

Diese zählen nicht zum Anfangsvermögen, sondern zum Endvermögen. Sie können also den Zugewinn ebenfalls beeinflussen.

b) Was ist mit einer Umschuldung oder Teilerlass durch Vergleiche?

Auch dann bleibt das negative Anfangsvermögen bestehen, solange die wirtschaftliche Entlastung während der Ehe eingetreten ist.

c) Kann man den Zugewinnausgleich ausschließen?

Ja, durch einen Ehevertrag oder eine notarielle Vereinbarung im Rahmen der Scheidung. Das kann sinnvoll sein, wenn ein Partner Vermögen mitbringt und der andere hoch verschuldet ist.


7. Rolle der anwaltlichen Beratung

Die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist kompliziert, vor allem wenn Insolvenz, Restschuldbefreiung oder hohe Schulden eine Rolle spielen. Fehler bei der Bewertung des Anfangsvermögens können zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen.

👉 Hier ist eine anwaltliche Beratung im Familienrecht und Insolvenzrecht unverzichtbar. Die Schnittstelle dieser beiden Rechtsgebiete ist komplex, aber entscheidend für die Frage, ob und in welcher Höhe ein Zugewinnausgleich zu zahlen ist.


8. Fazit

  • Schulden zu Beginn der Ehe gelten als negatives Anfangsvermögen.
  • Auch nach einer Restschuldbefreiung bleiben diese Schulden für die Berechnung des Zugewinnausgleichs relevant.
  • Der wirtschaftliche Vorteil durch die Entschuldung wird also in den Zugewinnausgleich eingerechnet.
  • Ohne genaue Berechnung riskieren Betroffene erhebliche finanzielle Nachteile bei der Scheidung.


9. Ihre Kanzlei Brandt – Familienrecht & Insolvenzrecht aus einer Hand

Die Rechtsanwaltskanzlei Brandt verfügt über langjährige Erfahrung sowohl im Familienrecht als auch im Insolvenzrecht. Genau an der Schnittstelle dieser beiden Rechtsgebiete liegt Ihr Fall.

Wir prüfen für Sie:

  • Wie hoch Ihr Zugewinnausgleichsanspruch tatsächlich ist.
  • Ob alte Schulden berücksichtigt werden müssen.
  • Welche Gestaltungsmöglichkeiten Sie bei Scheidung und Vermögensauseinandersetzung haben.

📞 Rufen Sie uns an: 03 82 03 / 74 50 20
🌐 Mehr Infos unter: www.rain-brandt.de

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Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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