Lange Zeit war die gängige Praxis klar: Selbst nach dem erfolgreichen Abschluss eines Insolvenzverfahrens blieben entsprechende Negativeinträge bei der SCHUFA bis zu drei volle Kalenderjahre bestehen. Für viele Betroffene bedeutete das: Trotz Schuldenfreiheit weiterhin massive Einschränkungen bei Krediten, Mietverträgen oder Handyabschlüssen. Doch nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig mit einem richtungsweisenden Urteil (Az. 17 U 15/21) neue Maßstäbe gesetzt.
🧾 Hintergrund: SCHUFA und Insolvenz – bisherige Praxis
Wer ein Insolvenzverfahren durchläuft, wird mit einem Vermerk bei der SCHUFA belastet – insbesondere die Eröffnung des Verfahrens sowie die Erteilung der Restschuldbefreiung werden dort gespeichert. Bisher gingen die Auskunfteien davon aus, dass diese Information noch drei Jahre nach Verfahrensende gespeichert werden dürfe.
Die Begründung: Die Bonität ehemaliger Schuldner sei besonders in den ersten Jahren nach dem Verfahren kritisch zu beobachten. Diese Argumentation wurde durch interne Verhaltensregeln der Auskunfteien, etwa durch den Verband der Wirtschaftsauskunfteien e.V., gestützt.
Doch genau hier setzte das OLG Schleswig an – und entschied zugunsten der Betroffenen.
⚖️ Urteil des OLG Schleswig: Löschung nach sechs Monaten vorgeschrieben
Nach Auffassung des OLG Schleswig ergibt sich eine klare gesetzliche Regelung aus § 3 Abs. 2 der Insolvenzbekanntmachungsverordnung (InsBekV):
Einträge über die Restschuldbefreiung dürfen nur bis maximal sechs Monate nach deren Rechtskraft gespeichert werden.
Die Richter betonten, dass auch private Auskunfteien wie die SCHUFA an diese gesetzliche Regelung gebunden seien. Die Speicherung darüber hinaus sei weder durch das Datenschutzrecht noch durch wirtschaftliche Interessen zu rechtfertigen.
🔍 Datenschutzrechtliche Beurteilung: DSGVO greift zugunsten der Verbraucher
Das Urteil bezieht sich maßgeblich auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann zulässig, wenn:
- eine gesetzliche Grundlage besteht (Buchstabe e) oder
- ein berechtigtes Interesse des Datenverarbeiters vorliegt (Buchstabe f).
Doch genau daran scheiterte die SCHUFA im konkreten Fall:
- Keine gesetzliche Grundlage (Buchstabe e): Das frühere Bundesdatenschutzgesetz wurde abgelöst. Die einzige relevante Rechtsnorm ist § 3 InsBekV – und diese schreibt eine Löschung nach sechs Monaten vor.
- Kein berechtigtes Interesse (Buchstabe f): Das Gericht stellte klar, dass wirtschaftliche Interessen der Auskunfteien nicht über dem Schutz der Persönlichkeitsrechte ehemaliger Schuldner stehen.
🧨 Weitreichende Folgen eines zu langen SCHUFA-Eintrags
Ein nicht gelöschter Eintrag über die Restschuldbefreiung kann erhebliche negative Konsequenzen haben:
- Ablehnung von Wohnungsgesuchen aufgrund negativer Bonitätsauskunft
- Verweigerung von Darlehen oder schlechtere Kreditkonditionen
- Probleme bei Vertragsabschlüssen (z. B. Mobilfunk, Leasing)
Das OLG Schleswig macht unmissverständlich klar: Eine überlange Speicherung stellt eine unverhältnismäßige Benachteiligung dar – und ist nicht rechtmäßig.
🧾 Urteil mit Signalwirkung – Was bedeutet das für Betroffene?
Das OLG Schleswig hat die betreffende Auskunftei nicht nur zur Löschung des Eintrags verpflichtet, sondern auch ein Unterlassungsurteil gefällt. Bei Wiederholung drohen:
- Ordnungsgeld bis zu 25.000 Euro
- oder ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten
Das Urteil zeigt: Verbraucherschutz im Datenschutz ist kein zahnloser Tiger.
✅ Unser Rat: So gehen Sie jetzt vor
Wenn Ihr Insolvenzverfahren bereits mit der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung abgeschlossen ist, sollten Sie unbedingt aktiv werden:
🔍 Checkliste für ehemalige Insolvenzschuldner:
- Datum der Restschuldbefreiung prüfen
- Mindestens sechs Monate nach Rechtskraft abwarten
- SCHUFA-Auskunft anfordern (kostenlos einmal jährlich)
- Eintrag zur Restschuldbefreiung vorhanden?
→ Dann Löschung schriftlich verlangen - Keine Reaktion oder Ablehnung?
→ Rechtsanwalt einschalten
🧑⚖️ Wir setzen Ihr Recht durch
Als erfahrene Kanzlei im Insolvenz- und Datenschutzrecht unterstützen wir Sie kompetent dabei, unzulässige SCHUFA-Einträge löschen zu lassen. Oft genügt ein anwaltliches Schreiben – bei hartnäckigen Fällen vertreten wir Sie auch gerichtlich.
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