Rechtsgebiete der Kanzlei Brandt – Spezialisierungen und Beratungsangebote

Rechtswidrige Baugenehmigung: Welche Pflicht trifft Beamte – und welche Konsequenzen drohen?

Beitrag anzeigen

Wenn ein Beamter des öffentlichen Dienstes nach einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung nicht tätig wird und den Rückbau einer baulichen Anlage trotz festgestellter Rechtswidrigkeit nicht veranlasst, stellt sich die Frage, ob und inwieweit er sich selbst rechtswidrig oder gar strafbar macht. Auch die Folgen für die Betreiberlaubnis und mögliche Verstöße gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sind zu beleuchten.


1. Die Ausgangslage: rechtswidrige Baugenehmigung durch Gericht festgestellt

Wird durch ein Verwaltungsgericht rechtskräftig festgestellt, dass eine Baugenehmigung rechtswidrig ist, trifft die zuständige Bauaufsichtsbehörde eine Pflicht zum Handeln. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Legalitätsprinzip im Verwaltungsrecht sowie aus der Amtspflicht des handelnden Beamten.

Die Folgen einer solchen Entscheidung sind:

  • Die Genehmigung verliert ihre Bindungswirkung.
  • Ein Rückbau der baulichen Anlage kann und muss angeordnet werden, wenn keine nachträgliche Legalisierung möglich ist.

2. Amtspflichtverletzung durch Untätigkeit – beamtenrechtliche Folgen

Ein Beamter im öffentlichen Dienst unterliegt den Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) sowie des jeweiligen Landesbeamtengesetzes. Nach § 33 BeamtStG ist er verpflichtet, seine Aufgaben gesetzestreu und gewissenhaft zu erfüllen.

2.1. Pflicht zum Einschreiten bei rechtswidrigem Zustand

Wenn ein Gericht rechtskräftig festgestellt hat, dass eine Baugenehmigung rechtswidrig ist, ist der Beamte verpflichtet, die Konsequenzen umzusetzen – typischerweise durch Einleitung von Rückbaumaßnahmen (§ 80 Landesbauordnungen i.V.m. § 48 VwVfG zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte).

Unterlässt der Beamte dies:

  • liegt ein Dienstvergehen vor (§ 47 BeamtStG),
  • das disziplinarrechtlich geahndet werden kann (z. B. Verweis, Geldbuße, Degradierung, Entfernung aus dem Dienst),
  • je nach Fallkonstellation auch eine Amtsdeliktsstrafbarkeit.

3. Strafrechtliche Relevanz: Besteht Strafbarkeit durch Unterlassen?

Die Untätigkeit eines Beamten kann strafrechtlich relevant sein. In Betracht kommen insbesondere:

3.1. Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung (§ 339 StGB)

Eine Rechtsbeugung setzt voraus, dass ein Richter, anderer Amtsträger oder Schiedsrichter sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt.

Aber: Diese Hürde ist hoch. Ein bloßes Unterlassen bei unklarer Rechtslage genügt nicht.

3.2. Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB)

Verhindert oder verzögert ein Amtsträger absichtlich die Strafverfolgung eines Dritten (z. B. durch Nichtmeldung eines Schwarzbaus), kann dies strafbar sein.

Bedingung: Es muss eine konkrete Strafverfolgung verhindert werden, nicht nur ordnungswidriges Verhalten.

3.3. Allgemeine Amtspflichtverletzung (§ 357 StGB – fahrlässige Dienstpflichtverletzung)

Kommt durch fahrlässige Pflichtverletzung ein erheblicher Schaden zustande, kann dies strafbar sein – allerdings nur in besonders schwerwiegenden Fällen.

→ In der Praxis ist eine disziplinarrechtliche Ahndung deutlich wahrscheinlicher als eine strafrechtliche Verurteilung.


4. Was passiert mit der Betriebserlaubnis, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist?

4.1. Betriebserlaubnis ist akzessorisch zur Baugenehmigung

Wenn eine Anlage betrieben wird, die eine Genehmigung gemäß BImSchG benötigt, ist diese oft bau- und immissionsschutzrechtlich verknüpft. Wird die Baugenehmigung nachträglich aufgehoben:

  • entfällt häufig auch die materielle Grundlage für die Betriebserlaubnis,
  • je nach Bundesland kann dies eine automatische Rücknahme oder Aufhebung zur Folge haben (§ 49 VwVfG).

4.2. Weitere Anordnung: Betriebseinstellung oder Rückbau

Die Behörde muss dann nicht nur den Rückbau anordnen, sondern ggf. auch den sofortigen Betriebsstopp verfügen.


5. Verstoß gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz – OWi oder Straftat?

Wenn eine Anlage ohne gültige Baugenehmigung und ggf. ohne oder entgegen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betrieben wird, liegt grundsätzlich ein Verstoß gegen das BImSchG vor.

5.1. Ordnungswidrigkeit (§ 62 BImSchG)

Wer eine genehmigungsbedürftige Anlage ohne Genehmigung betreibt oder gegen vollziehbare Anordnungen verstößt, handelt ordnungswidrig:

  • Bußgeldrahmen: bis zu 50.000 EUR (teilweise bis 100.000 EUR bei schwerwiegenden Fällen),
  • relevant z. B. bei Nichtbeachtung von Emissionsgrenzwerten.

5.2. Strafbarkeit (§ 327 StGB, Umweltstraftaten)

Eine Straftat liegt insbesondere vor, wenn:

  • gesundheitsgefährdende Stoffe oder Energien freigesetzt werden, und
  • dadurch Menschen oder die Umwelt konkret gefährdet werden.

→ Dies wäre z. B. bei einer Chemieanlage ohne Filteranlagen denkbar. Bei einer einfachen baulichen Abweichung eher nicht.


6. Fazit: Rechtstreue ist Pflicht – Konsequenzen bei Untätigkeit sind erheblich

Ein Beamter, der trotz einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung keine Maßnahmen zum Rückbau oder zur Betriebseinstellung einleitet, verletzt seine Amtspflicht. Ihm drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen und unter bestimmten Umständen auch Strafverfolgung.

Der Betreiber einer solchen baulichen Anlage muss mit der Rücknahme der Betriebserlaubnis, Ordnungswidrigkeitsverfahren und im Extremfall mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.

Weitere Themen

Über RAIN Brandt

Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

Kontakt