Arbeitszeit
Hier finden Sie eine kurze Einführung zu den wichtigsten Fragen.
Teilzeittätigkeit
Teilzeitanspruch von Arbeitnehmern: Rechte und Grenzen
Arbeitnehmer haben grundsätzlich das Recht, eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit zu beantragen und damit von Vollzeit auf Teilzeit zu wechseln. Dieses Recht gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber in seinem Betrieb ein Schichtsystem etabliert hat. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Teilzeitwunsch zu entsprechen, es sei denn, es liegen schwerwiegende betriebliche Gründe vor, die dies nachweislich unmöglich machen. Selbst ein kurzfristig gestellter Antrag auf Teilzeit ist rechtlich wirksam und muss berücksichtigt werden.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2010 (Az. 3 SaGa 14/10) klargestellt, dass Arbeitnehmer auch dann individuelle Arbeitszeiten verlangen können, wenn diese nicht mit den bestehenden Schichtmodellen im Betrieb übereinstimmen.
Der Fall: Teilzeit trotz Schichtsystem
Im zugrundeliegenden Fall kehrte eine Arbeitnehmerin nach ihrer Elternzeit in den Betrieb zurück. Sie informierte ihren Arbeitgeber rechtzeitig sowohl mündlich als auch schriftlich über ihren Wunsch, künftig in Teilzeit zu arbeiten – konkret in der Zeit von 9:00 bis 14:30 Uhr. Ihre Arbeitszeit war so geplant, dass sie mit der Betreuung ihres Kindes vereinbar war. Da sie für ihr Kind einen Betreuungsplatz von 7:00 bis 16:00 Uhr erhalten hatte und keine familiäre Unterstützung für die Kinderbetreuung verfügbar war, war eine Anpassung der Arbeitszeit unerlässlich.
Der Arbeitgeber lehnte ihren Antrag ab und argumentierte, dass die gewünschten Arbeitszeiten mit den bestehenden Schichtplänen unvereinbar seien. In dem Betrieb galten wöchentlich wechselnde Schichten: von 9:00 bis 18:30 Uhr und von 12:15 bis 19:30 Uhr. Der Arbeitgeber verlangte, dass auch Teilzeitkräfte mindestens bis 18:00 Uhr arbeiten müssten, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Gerichtliche Entscheidung: Teilzeitanspruch durchsetzbar
Die Arbeitnehmerin stellte daraufhin einen Eilantrag, der zunächst vom Arbeitsgericht abgelehnt wurde. Die Begründung lautete, dass der schriftliche Antrag mit einer Frist von 2,5 Monaten vor Arbeitsbeginn gestellt worden sei und daher nicht die gesetzlich vorgeschriebene Dreimonatsfrist gemäß § 8 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) einhalte.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschied jedoch zugunsten der Klägerin. Das Gericht stellte klar, dass ein verspätet gestellter Teilzeitantrag zwar dazu führt, dass der Anspruch erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist wirksam wird, dieser jedoch nicht automatisch unwirksam ist.
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass der bloße Verweis des Arbeitgebers auf ein bestehendes Schichtsystem nicht ausreicht, um den Teilzeitanspruch abzuweisen. Der Arbeitgeber muss konkrete und nachvollziehbare Gründe darlegen, warum die gewünschte Arbeitszeit nicht durch organisatorische Anpassungen, wie den Einsatz einer Ersatzkraft, realisiert werden kann.
Anforderungen an den Arbeitgeber
Das Urteil betont die hohen Anforderungen an den Arbeitgeber, wenn er einen Teilzeitwunsch ablehnen möchte. Er muss nachweisen, dass die gewünschte Arbeitszeit des Arbeitnehmers unzumutbare Auswirkungen auf den Betriebsablauf hätte. Ein allgemeiner Verweis auf die Einhaltung des Schichtsystems reicht nicht aus. Der Arbeitgeber muss darlegen:
- Welche konkreten organisatorischen Probleme auftreten würden.
- Warum eine Änderung der betrieblichen Abläufe nicht möglich ist.
- Warum der Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte keine Lösung darstellt.
Fazit: Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern
Dieses Urteil zeigt, dass die Rechte von Arbeitnehmern auf Teilzeit auch dann Bestand haben, wenn der Betrieb auf Schichtsystemen basiert. Solange der Arbeitgeber keine triftigen und nachweisbaren Gründe vorlegt, die den Wünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Anpassung seiner Arbeitszeit.
Arbeitnehmer sollten ihren Antrag auf Teilzeit möglichst rechtzeitig schriftlich stellen, um rechtliche Unklarheiten zu vermeiden. Sollte der Arbeitgeber den Antrag ablehnen, lohnt es sich, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen.
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