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Mobbing durch Vorgesetzte in der öffentlichen Verwaltung – Rechtliche Schritte und Verantwortlichkeiten

Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernsthaftes Problem, das weitreichende Folgen für die Gesundheit und das berufliche Fortkommen der Betroffenen hat. Eine besonders schwierige Konstellation liegt vor, wenn das Mobbing systematisch von einem Vorgesetzten ausgeht und sogar mehrere Mitarbeiter gleichzeitig betroffen sind. Gerade in der öffentlichen Verwaltung, mit ihren klaren Hierarchien und dem besonderen Status des „Dienstherrn“, stellen sich viele die Frage: Was kann man tun und wer muss handeln?

1. Wer muss handeln? Die zentrale Rolle des Arbeitgebers (Dienstherrn)

Die eindeutige Antwort lautet: Der Arbeitgeber (im öffentlichen Dienst „Dienstherr“ genannt) muss handeln. Dies ist keine freiwillige Option, sondern eine zwingende rechtliche Verpflichtung.

  • Warum? Die Fürsorgepflicht: Aus dem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis ergibt sich die sogenannte Fürsorgepflicht. Der Dienstherr ist gesetzlich verpflichtet, die Gesundheit, das Leben und die Persönlichkeitsrechte seiner Beschäftigten zu schützen. Mobbing stellt eine massive Verletzung dieser Persönlichkeitsrechte dar. Ignoriert der Dienstherr nachweislich die Mobbing-Vorfälle, verletzt er seine eigene Pflicht und kann sich schadensersatzpflichtig machen.
  • Was muss er tun? Seine Pflicht umfasst sowohl präventive als auch intervenierende Maßnahmen. Sobald der Dienstherr von Mobbing erfährt, muss er den Sachverhalt aufklären und geeignete Maßnahmen ergreifen. Diese können von einer Ermahnung über eine Abmahnung bis hin zur Versetzung oder sogar Kündigung des mobbenden Vorgesetzten reichen. Untätigkeit ist keine Option.

2. Was können betroffene Mitarbeiter rechtlich tun? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Betroffene sind dem Mobbing nicht schutzlos ausgeliefert. Es ist jedoch entscheidend, strategisch und dokumentiert vorzugehen.

Schritt 1: Detaillierte Dokumentation (Mobbing-Tagebuch)
Das A und O jeder rechtlichen Auseinandersetzung ist der Nachweis. Führen Sie ein detailliertes Tagebuch über jeden Vorfall:

  • Was ist passiert? (z. B. unsachliche Kritik vor Kollegen, Vorenthalten von Informationen, Zuweisung sinnloser Aufgaben)
  • Wann und wo geschah es? (Datum, Uhrzeit, Ort)
  • Wer war anwesend? (Namen von Zeugen notieren)
  • Welche Folgen hatte der Vorfall für Sie? (z. B. Kopfschmerzen, Demotivierung, Angstzustände)

Schritt 2: Verbündete suchen und gemeinsam handeln
Da in dem beschriebenen Fall mehrere Mitarbeiter betroffen sind, ist dies ein entscheidender Vorteil. Schließen Sie sich zusammen. Gemeinsame Beschwerden haben ein deutlich höheres Gewicht und entkräften das typische Gegenargument, es handle sich um einen Einzelfall oder eine subjektive Überempfindlichkeit.

Schritt 3: Interne Anlaufstellen einschalten
Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollten die internen Wege beschritten werden. Suchen Sie das Gespräch mit folgenden Stellen:

  • Der Personalrat: Dies ist Ihre wichtigste Anlaufstelle. Der Personalrat ist die gesetzliche Interessenvertretung der Beschäftigten. Er hat ein Recht auf Information durch den Dienstherrn und kann auf die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften drängen. Er kann vermitteln und die Beschwerde der Mitarbeiter unterstützen.
  • Die Gleichstellungsbeauftragte: Insbesondere wenn das Mobbing geschlechtsspezifische Aspekte hat, ist sie die richtige Ansprechpartnerin.
  • Die Schwerbehindertenvertretung: Falls einer der betroffenen Mitarbeiter eine anerkannte Schwerbehinderung hat, muss diese Vertretung zwingend eingeschaltet werden.

Schritt 4: Die formelle Beschwerde
Reichen Sie eine formelle, schriftliche Beschwerde beim nächsthöheren Vorgesetzten oder direkt bei der Personalabteilung ein. Berufen Sie sich auf Ihr Beschwerderecht gemäß § 13 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), wenn die Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Herkunft etc. erfolgt. In der Beschwerde sollten die Vorfälle sachlich und unter Verweis auf das Mobbing-Tagebuch geschildert werden.

Schritt 5: Rechtliche Schritte androhen und einleiten
Wenn der Dienstherr trotz Beschwerde untätig bleibt, können arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden. Hierzu sollte unbedingt fachanwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Mögliche Ansprüche sind:

  • Anspruch auf Unterlassung: Den mobbenden Vorgesetzten gerichtlich dazu zu verpflichten, das Verhalten zu unterlassen.
  • Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld: Wenn der Dienstherr seine Fürsorgepflicht verletzt hat, können materielle Schäden (z. B. Behandlungskosten) und immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) eingeklagt werden.
  • Zurückbehaltungsrecht der Arbeitsleistung: In extremen Fällen, wenn die Fortsetzung der Arbeit unzumutbar ist, kann nach vorheriger Ankündigung die Arbeitsleistung verweigert werden – bei vollem Lohnerhalt. Dies ist jedoch ein sehr scharfes Schwert und sollte nur als letztes Mittel mit anwaltlicher Beratung erfolgen.

Fazit

Mobbing durch einen Vorgesetzten in der öffentlichen Verwaltung ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein ernsthafter Rechtsverstoß. Der Dienstherr steht in der unbedingten Pflicht zu handeln. Betroffene Mitarbeiter haben starke Rechte, müssen diese aber aktiv, strategisch und gut dokumentiert einfordern. Der Zusammenschluss mehrerer Betroffener und die frühzeitige Einbindung des Personalrats sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Niemand muss eine solche Situation tatenlos erdulden.


Wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Im konkreten Einzelfall ist die Konsultation eines Fachanwalts für Arbeitsrecht unerlässlich.

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Über RAIN Brandt

Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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