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Faktische Haushaltssperre in der Kommune – Pflichten der Stadtvertretung in Mecklenburg-Vorpommern

Wenn in einer Stadt plötzlich keine Zahlungen mehr fließen, Verpflichtungsermächtigungen blockiert werden und der Bürgermeister Ausgaben stoppt, ohne dass ein Beschluss der Stadtvertretung vorliegt, liegt eine sogenannte „faktische Haushaltssperre“ vor.
Doch was bedeutet das rechtlich – und welche Verantwortung trifft die Stadtvertretung in Mecklenburg-Vorpommern?

Dieser Beitrag erklärt praxisnah und juristisch fundiert, welche Pflichten Stadtvertreter nach der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommerns (KV M-V) haben – und welche Konsequenzen drohen, wenn sie untätig bleiben.


🔹 1. Was ist eine faktische Haushaltssperre?

Eine faktische Haushaltssperre entsteht, wenn die Verwaltung eigenmächtig finanzielle Ausgaben einfriert oder Verpflichtungsermächtigungen nicht freigibt, ohne dass ein Beschluss der Stadtvertretung nach § 51 KV M-V vorliegt.

Das ist problematisch, weil:

  • Der Bürgermeister für den Haushaltsvollzug verantwortlich ist,
  • die Stadtvertretung aber das zentrale Haushaltsrecht besitzt (§ 22 Abs. 3 Nr. 8 KV M-V).

Damit liegt eine unzulässige Verschiebung der kommunalen Zuständigkeiten vor – und die Stadtvertretung ist in der Pflicht zu handeln.


🔹 2. Rechtliche Pflichten eines Stadtvertreters bei Kenntnis einer faktischen Haushaltssperre

Ein Stadtvertreter in Mecklenburg-Vorpommern ist Träger eines kommunalen Ehrenamts (§ 22 ff. KV M-V).
Sobald er Kenntnis von einer unzulässigen Haushaltssperre oder anderen haushaltsrechtlichen Unregelmäßigkeiten erhält, greifen mehrere gesetzliche Pflichten:

a) Überwachungspflicht nach § 34 KV M-V

Jeder Stadtvertreter muss auf die gesetzmäßige und wirtschaftliche Verwaltung der Gemeinde hinwirken.
Das bedeutet:

Wenn bekannt wird, dass der Bürgermeister ohne Rechtsgrundlage den Haushalt faktisch sperrt, besteht eine Pflicht, dies aufzugreifen und eine Klärung herbeizuführen.

b) Initiativrecht nach § 34 KV M-V

Stadtvertreter haben das Recht – und bei Missständen auch die Pflicht –,

  • Anfragen an den Bürgermeister zu stellen („Auf welcher Grundlage wurde die Haushaltssperre verfügt?“),
  • die Einberufung einer Sitzung oder eines Ausschusses zu beantragen,
  • und das Thema auf die Tagesordnung der Stadtvertretung zu setzen.

c) Pflicht zur Beschlusskontrolle (§ 29 i.V.m. § 32 KV M-V)

Wenn die Verwaltung eigenmächtig handelt, muss die Stadtvertretung prüfen, ob bestehende Haushaltsbeschlüsse verletzt wurden.
Ein pflichtbewusster Stadtvertreter sollte daher auf eine Behandlung im Hauptausschuss, Rechnungsprüfungsausschuss oder der Stadtvertretung hinwirken.


🔹 3. Konsequenzen bei Untätigkeit der Stadtvertretung

Wenn Stadtvertreter Kenntnis von einer faktischen Haushaltssperre haben, aber nicht tätig werden, kann dies als Pflichtverletzung bewertet werden.

Mögliche rechtliche und politische Folgen:

  • Politische Verantwortung: Bei grober Pflichtverletzung droht der Verlust des Mandats (§ 32 Abs. 3 KV M-V).
  • Rechnungsprüfungsrechtliche Beanstandung: Die Rechnungsprüfung kann festhalten, dass die Stadtvertretung ihre Kontrollpflicht nicht wahrgenommen hat.
  • Aufsichtsrechtliches Einschreiten (§ 111 KV M-V): Die Kommunalaufsicht kann Maßnahmen ergreifen, wenn ein Organ der Gemeinde seine Pflichten verletzt.

Damit wird deutlich: Untätigkeit ist keine Option. Stadtvertreter sind aktiv verpflichtet, die Einhaltung des Haushaltsrechts zu sichern.


🔹 4. So handeln Stadtvertreter richtig – praktische Schritte

Ein verantwortungsbewusster Stadtvertreter sollte strukturiert vorgehen:

  1. Sachverhalt aufklären:
    Schriftliche Anfrage an den Bürgermeister:
    „Wurde eine Haushaltssperre verfügt? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?“
  2. Transparenz schaffen:
    Das Thema auf die Tagesordnung des Finanzausschusses oder der Stadtvertretung setzen,
  3. Protokollierung sicherstellen:
    Alle Fragen, Antworten und Diskussionen sollten im Sitzungsprotokoll dokumentiert werden.
  4. Prüfung anstoßen:
    Falls der Verdacht auf rechtswidriges Handeln besteht, den Rechnungsprüfungsausschuss oder die Kommunalaufsicht informieren.
  5. Rechtmäßigen Beschluss herbeiführen:
    Falls tatsächlich eine Haushaltssperre notwendig ist, muss die Stadtvertretung diese förmlich nach § 51 Abs. 4 KV M-V beschließen oder eine unzulässige Sperre aufheben.

🔹 5. Fazit: Verantwortung wahrnehmen – Rechtssicherheit schaffen

Ein Stadtvertreter in Mecklenburg-Vorpommern ist kein bloßer Beobachter, sondern Teil des Kontrollorgans Stadtvertretung.
Wer von einer faktischen Haushaltssperre erfährt, muss aktiv handeln, um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu sichern.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Pflicht zur Kontrolle und Klärung, sobald Kenntnis von Unregelmäßigkeiten besteht.
  • Recht zur Anfrage und Initiative, um Transparenz zu schaffen .
  • Möglichkeit der Einschaltung der Kommunalaufsicht, wenn interne Aufklärung scheitert.
  • Untätigkeit kann rechtliche Konsequenzen haben.

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Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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