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Erbausschlagung und Inkassoschreiben – Können Gläubiger meines Vaters trotzdem gegen mich vollstrecken?

Erbausschlagung und Inkassoschreiben – Können Gläubiger meines Vaters trotzdem gegen mich vollstrecken? – Viele Menschen erleben eine böse Überraschung:
Sie haben das Erbe ihres verstorbenen Elternteils ausgeschlagen, um nicht für die Schulden zu haften – und dennoch meldet sich plötzlich ein Inkassounternehmen. Häufig berufen sich diese Firmen auf alte Titel (z. B. Vollstreckungsbescheide oder Urteile), die noch gegen den Verstorbenen bestehen.

Doch dürfen Inkassounternehmen oder Gläubiger aus einem Titel, der gegen den verstorbenen Vater lautet, tatsächlich gegen die Kinder vollstrecken – obwohl diese das Erbe ausgeschlagen haben?

Die Antwort ist eindeutig: Nein – nicht ohne Weiteres. Aber es gibt Ausnahmen, die man kennen sollte.


1. Grundregel: Wer das Erbe ausschlägt, wird nicht Rechtsnachfolger

Nach deutschem Recht gilt:

  • Erben haften grundsätzlich für die Schulden des Erblassers (§ 1967 BGB).
  • Durch eine Erbausschlagung wird man so behandelt, als sei man nie Erbe geworden (§ 1953 BGB).

👉 Wer das Erbe wirksam und fristgerecht ausgeschlagen hat, ist nicht Rechtsnachfolger des Verstorbenen – und damit auch nicht für dessen Schulden verantwortlich.

Das bedeutet: Ein Titel gegen den Vater wirkt nicht automatisch gegen die Kinder.


2. Inkassoschreiben nach Erbausschlagung – warum kommt es trotzdem dazu?

Viele Inkassounternehmen arbeiten mit automatisierten Verfahren und schreiben sämtliche bekannten Angehörigen an.
Die Gründe sind:

  • Unklare Datenlage im Schuldnerregister.
  • Keine Einsicht in das Nachlassgericht, ob eine Erbausschlagung erfolgt ist.
  • Versuch, Druck aufzubauen, um Zahlungen zu erzwingen.

👉 Wichtig: Ein bloßes Schreiben bedeutet noch keine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung.


3. Können Inkassounternehmen aus dem Titel vollstrecken?

Ein Titel – also z. B. ein Urteil oder Vollstreckungsbescheid – gilt immer nur gegen die Person, gegen die er ergangen ist.

  • Ist der Schuldner verstorben, erlischt der Titel nicht automatisch.
  • Er kann aber nur gegen die Rechtsnachfolger (also die Erben) durchgesetzt werden.

Wer das Erbe ausgeschlagen hat, ist aber gerade kein Erbe.
Daher ist eine Vollstreckung aus einem alten Titel gegen die Kinder unzulässig, wenn diese wirksam ausgeschlagen haben.


4. Was bräuchte das Inkassounternehmen, um trotzdem vollstrecken zu können?

Damit ein Inkassounternehmen aus dem Titel gegen die Kinder vorgehen kann, müsste es eine Titelumschreibung beim Vollstreckungsgericht beantragen (§ 727 ZPO).

Das geht aber nur, wenn:

  • Die Kinder tatsächlich Erben geworden sind (z. B. weil keine Ausschlagung erfolgt ist).
  • Ein Erbschein oder ein anderes amtliches Zeugnis nachweist, dass die Kinder die Rechtsnachfolger sind.

👉 Wer das Erbe ausgeschlagen hat, kann nicht in den Titel eingetragen werden.
👉 Das Inkassounternehmen müsste den Nachweis führen, dass die Ausschlagung nicht erfolgt ist oder unwirksam war.


5. Typisches Fallbeispiel

Der Vater verstirbt im Jahr 2023 mit hohen Schulden. Seine Tochter schlägt das Erbe innerhalb von 6 Wochen beim Nachlassgericht aus.
Zwei Jahre später schreibt ein Inkassounternehmen die Tochter an und behauptet, es könne aus einem Vollstreckungsbescheid von 2018 vollstrecken.

Rechtslage:

  • Die Tochter ist durch die Ausschlagung nicht Erbin geworden.
  • Eine Umschreibung des Titels auf ihren Namen ist unmöglich.
  • Das Inkassoschreiben ist rechtlich unbeachtlich – allenfalls ein Versuch, Druck zu machen.


6. Risiken und Ausnahmen

a) Versäumte Ausschlagungsfrist

Die Erbausschlagung muss innerhalb von 6 Wochen erfolgen (§ 1944 BGB). Wer diese Frist versäumt, gilt automatisch als Erbe – mit allen Konsequenzen.

b) Ausschlagung unwirksam

Wenn die Ausschlagungserklärung Formfehler hat (z. B. nicht notariell oder beim Nachlassgericht erklärt), könnte sie unwirksam sein. Dann besteht Erbenhaftung.

c) Minderjährige Kinder

Schlagen Eltern auch für ihre Kinder das Erbe aus, brauchen sie dafür in der Regel die Genehmigung des Familiengerichts (§ 1643 BGB). Ohne diese Genehmigung ist die Ausschlagung unwirksam.

👉 Hier liegt eine große Gefahr: Wenn die Ausschlagung der Kinder nicht wirksam war, können diese trotz Bemühung Miterben geworden sein.


7. Handlungstipps für Betroffene

  • Schreiben prüfen lassen: Inkassoschreiben niemals ungeprüft zahlen.
  • Erbausschlagung nachweisen: Eine Kopie der Ausschlagungsurkunde beim Nachlassgericht besorgen.
  • Inkasso antworten: Sachlich mitteilen, dass das Erbe ausgeschlagen wurde, und Nachweis beifügen.
  • Keine Panik: Solange keine Titelumschreibung vorliegt, kann keine Vollstreckung erfolgen.
  • Anwalt einschalten: Bei Zweifeln über die Wirksamkeit der Ausschlagung oder bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sofort rechtlichen Beistand suchen.


8. Fazit

  • Wer das Erbe ausschlägt, haftet nicht für die Schulden des Verstorbenen.
  • Ein Inkassounternehmen kann aus einem alten Titel nicht gegen die Kinder vollstrecken, solange diese keine Erben geworden sind.
  • Voraussetzung für eine Vollstreckung wäre eine Titelumschreibung, die nur bei nachweislicher Erbenstellung möglich ist.
  • Problematisch wird es nur, wenn die Ausschlagung nicht wirksam erklärt wurde oder die Frist versäumt wurde.


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  • ob Ihre Erbausschlagung wirksam war,
  • ob ein Inkassounternehmen gegen Sie überhaupt vorgehen darf,
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Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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