Bindungswirkung alter Testamente – Viele glauben, ein altes Testament sei automatisch veraltet oder durch ein neues ersetzt. Doch genau hier lauert ein rechtliches Risiko, das im Erbfall oft zu Streit, Enttäuschung und finanziellen Verlusten führt: die Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente, insbesondere des Berliner Testaments.
Was bedeutet „Bindungswirkung“ bei Testamenten?
Die sogenannte Bindungswirkung bedeutet: Wenn zwei Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament errichten (z. B. ein Berliner Testament) und einer von beiden stirbt, kann der Überlebende nicht mehr frei über seinen Nachlass entscheiden, sofern das Testament keine ausdrückliche Änderungsklausel enthält.
Beispiel:
- Ein Ehepaar errichtet ein Berliner Testament und setzt sich gegenseitig als Alleinerben ein.
- Nach dem Tod des ersten Ehepartners lebt der überlebende Partner noch viele Jahre – und heiratet eventuell erneut.
- Er möchte nun ein neues Testament mit seinem zweiten Ehepartner errichten – glaubt aber, das alte sei „verbraucht“.
- Falsch gedacht: Die Bindungswirkung des alten Testaments bleibt bestehen – und blockiert neue Regelungen.
Wer ist betroffen? Viel mehr Menschen, als man denkt!
Typische Szenarien:
- Verwitwete Personen, die erneut heiraten.
- Patchwork-Familien mit Kindern aus erster und zweiter Ehe.
- Senioren, die ihr Testament aktualisieren wollen, ohne zu wissen, dass sie rechtlich daran gehindert sein könnten.
- Erben, die von einer letztwilligen Verfügung ausgehen – nur um später festzustellen, dass ein früheres Testament „bindend“ war.
Warum redet niemand darüber?
Das Problem ist vielschichtig:
- Viele Testamente werden ohne juristischen Beistand errichtet – oft handschriftlich.
- Notare oder Rechtsanwälte erklären die Konsequenzen der Bindungswirkung oft nicht deutlich genug.
- Selbst bei notariellen Testamenten fehlt es häufig an klaren Änderungs- oder Rücktrittsklauseln.
- Betroffene glauben fälschlicherweise, mit dem Tod des Partners sei das Testament „verbraucht“.
➡️ Das Resultat: Alte Testamente wirken fort – mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Erbfolge.
Die rechtliche Lage: Wann ist ein Testament bindend?
Nach § 2270 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament in den wechselbezüglichen Verfügungen bindend, sobald ein Ehegatte stirbt – es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart.
Bindend sind insbesondere:
- Gegenseitige Einsetzung als Erben
- Einsetzung von Dritten (z. B. Kindern) als Schlusserben
Wann kann man sich davon lösen?
- Nur mit ausdrücklichem Widerruf (vor dem Tod des ersten Ehepartners!)
- Oder wenn das Testament eine Änderungsklausel enthält
- In seltenen Fällen durch Anfechtung wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung
Die Gefahren im Detail:
1. Unwirksame Folge-Testamente
Wer glaubt, mit einem neuen Testament das alte automatisch ersetzt zu haben, irrt. Solche Testamente können unwirksam oder nichtig sein – und werden im Erbfall ignoriert.
2. Streit unter Angehörigen
Wenn unterschiedliche Testamente auftauchen, entstehen regelmäßig Streitigkeiten:
- Wer ist der wahre Erbe?
- Welches Testament gilt?
- Kann ein altes Testament angefochten werden?
3. Verlust von Vermögen oder Ansprüchen
Wer als zweiter Ehepartner glaubt, als Alleinerbe eingesetzt worden zu sein, wird oft bitter enttäuscht. In vielen Fällen gehen wichtige Vermögenswerte an Kinder oder Erben aus erster Ehe – obwohl das nie so gewollt war.
So vermeiden Sie die Bindungsfalle
✅ 1. Testamente regelmäßig prüfen lassen
Ein Testament ist kein einmaliger Akt – es muss an Lebenssituationen angepasst werden. Lassen Sie alte und neue Testamente immer anwaltlich überprüfen.
✅ 2. Bindungswirkung gezielt ausschließen
Formulieren Sie eindeutige Änderungsvorbehalte wie:
„Jeder von uns behält sich vor, auch nach dem Tod des anderen Ehegatten ein neues Testament zu errichten.“
✅ 3. Neue Ehe? Vorher juristisch klären lassen
Vor einer Wiederverheiratung sollte unbedingt geprüft werden, ob alte Testamente noch Wirkung entfalten – sonst droht ein böses Erwachen.
Fazit: Bindungswirkung – Ein juristischer Knoten mit Folgen
Die Bindungswirkung alter gemeinschaftlicher Testamente wird in Deutschland massiv unterschätzt. Sie entfaltet oft jahrelang unbemerkt ihre Wirkung – bis sie im Erbfall plötzlich ganze Nachlassplanungen über den Haufen wirft.
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