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Berliner Testament in gleichgeschlechtlicher Ehe – Geht das überhaupt?

Berliner Testament in gleichgeschlechtlicher Ehe – Das Berliner Testament gehört zu den bekanntesten Formen der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung in Deutschland. Viele Ehepaare entscheiden sich für diese Testamentsform, weil sie den überlebenden Partner absichert und Streitigkeiten zwischen den Erben reduziert.
Doch eine häufig gestellte Frage lautet: Dürfen auch gleichgeschlechtliche Ehepaare ein Berliner Testament errichten?

Die Antwort ist eindeutig: Ja – seit der Einführung der „Ehe für alle“ im Jahr 2017 sind gleichgeschlechtliche Ehen den heterosexuellen Ehen im Erbrecht gleichgestellt. Trotzdem gibt es Besonderheiten, die man kennen sollte, wenn man ein Berliner Testament gestalten möchte.

In diesem Beitrag erklärt die Rechtsanwaltskanzlei Brandt, was ein Berliner Testament ist, welche Vorteile es für gleichgeschlechtliche Ehepaare hat, welche Risiken bestehen und wie man es rechtssicher aufsetzt.


1. Was ist ein Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments (§ 2265 BGB).

  • Ehegatten setzen sich darin gegenseitig als Alleinerben ein.
  • Die Kinder oder andere Erben sollen erst nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten erben.

Ein Beispiel:

  • Ehefrau A und Ehefrau B errichten ein Berliner Testament.
  • Stirbt A, erbt zunächst B allein.
  • Erst nach dem Tod von B geht das Vermögen an die gemeinsamen Kinder oder die im Testament bestimmten Schlusserben über.

Damit unterscheidet sich das Berliner Testament von einem normalen Testament, da es auf gegenseitiger Bindung beruht und für klare Nachlassregelungen sorgt.


2. Berliner Testament und gleichgeschlechtliche Ehe – die Rechtslage seit 2017

Bis zum Jahr 2017 konnten gleichgeschlechtliche Paare nur eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Diese war in vielen Bereichen der Ehe ähnlich, aber nicht völlig gleichgestellt.

Mit der „Ehe für alle“ wurde die vollständige Gleichstellung eingeführt:

  • Seit dem 1. Oktober 2017 sind gleichgeschlechtliche Ehen in allen rechtlichen Bereichen identisch mit heterosexuellen Ehen.
  • Bereits bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften konnten in eine Ehe umgewandelt werden.

Damit gilt:
👉 Gleichgeschlechtliche Ehepartner können ohne Einschränkung ein Berliner Testament errichten.
👉 Auch Lebenspartner, die ihre Partnerschaft nicht umgewandelt haben, können ein gemeinschaftliches Testament aufsetzen – allerdings gelten hier teils andere Regeln, weshalb anwaltliche Beratung dringend zu empfehlen ist.


3. Vorteile des Berliner Testaments für gleichgeschlechtliche Paare

Gerade für gleichgeschlechtliche Paare bietet das Berliner Testament viele Vorteile:

a) Absicherung des überlebenden Ehepartners

Im gesetzlichen Erbrecht erbt der Ehegatte nicht automatisch alles, sondern muss sich die Erbschaft mit Kindern oder sogar Eltern des Verstorbenen teilen.
Durch ein Berliner Testament wird der überlebende Partner Alleinerbe – eine wichtige Absicherung, vor allem bei gemeinsamem Haus oder Vermögen.

b) Planungssicherheit für die Zukunft

Das Testament legt fest, wer nach dem Tod des letzten Partners erbt. Dadurch wird Streit zwischen Angehörigen und Patchwork-Familien reduziert.

c) Flexibilität bei den Schlusserben

Paare können individuell festlegen, ob nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners die Kinder, andere Verwandte oder auch gemeinnützige Organisationen erben sollen.

d) Anerkennung in allen Konstellationen

Egal ob Mann und Mann, Frau und Frau oder eine umgewandelte Lebenspartnerschaft – das Berliner Testament wirkt in allen gleichgeschlechtlichen Ehen identisch wie in heterosexuellen.


4. Nachteile und Risiken des Berliner Testaments

So beliebt das Berliner Testament ist, es bringt auch einige rechtliche Fallstricke mit sich:

a) Bindungswirkung

Nach dem Tod des ersten Ehepartners ist der Überlebende in seinen Entscheidungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Änderungen sind nur in Ausnahmefällen möglich.

b) Pflichtteilsansprüche

Kinder können trotz Berliner Testament ihren Pflichtteil verlangen. Das kann die finanzielle Situation des überlebenden Ehepartners belasten.

c) Steuerliche Aspekte

Zwar genießen Ehegatten hohe Freibeträge bei der Erbschaftsteuer, doch bei größeren Vermögen können steuerliche Nachteile auftreten.

d) Patchwork-Situationen

Gerade in Regenbogenfamilien mit leiblichen und adoptierten Kindern kann es kompliziert werden. Hier muss die Erbfolge sehr sorgfältig formuliert werden.


5. Formvorschriften – So wird das Berliner Testament gültig

Ein Berliner Testament muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Eigenhändig geschrieben und unterschrieben von einem Ehepartner.
  • Der andere Ehepartner muss das Testament ebenfalls mit eigener Unterschrift bestätigen.
  • Ort und Datum sollten angegeben werden.

Tipp: Um rechtliche Fehler zu vermeiden, ist ein notarielles Testament empfehlenswert – besonders dann, wenn Immobilien oder hohe Vermögenswerte vorhanden sind.


6. Besondere Konstellationen bei gleichgeschlechtlichen Paaren

Für gleichgeschlechtliche Paare ergeben sich manchmal spezielle Fragen:

  • Adoptierte Kinder: Sie sind erbrechtlich den leiblichen Kindern gleichgestellt und können als Schlusserben eingesetzt werden.
  • Stiefkinder: Ohne Adoption haben sie kein gesetzliches Erbrecht, müssen also ausdrücklich im Testament bedacht werden.
  • Vor 2017 geschlossene Lebenspartnerschaften: Wer keine Umwandlung in eine Ehe vorgenommen hat, sollte unbedingt prüfen lassen, ob ein gemeinschaftliches Testament rechtlich wirksam ist.


7. Typische Fehler beim Berliner Testament

Viele Paare machen Fehler, die später zu Streit führen können:

  1. Keine klare Regelung der Schlusserben.
  2. Fehlende Klauseln zum Pflichtteilsverzicht.
  3. Keine steuerliche Optimierung.
  4. Änderungen nach dem Tod eines Partners sind kaum möglich.

Daher gilt: Rechtsanwalt oder Notar einbeziehen, bevor das Testament unterschrieben wird.


8. Berliner Testament oder Erbvertrag – was ist besser?

Neben dem Berliner Testament gibt es auch den Erbvertrag, der noch verbindlicher ist.

  • Vorteil: Mehr Rechtssicherheit, auch gegenüber Dritten.
  • Nachteil: Änderung oft nur mit Zustimmung beider Ehepartner möglich.

Für viele gleichgeschlechtliche Paare ist das Berliner Testament der einfachere und flexiblere Weg.


9. Berliner Testament in der Praxis – Beispiel

Ehefrau A und Ehefrau B besitzen gemeinsam ein Haus. Sie haben keine Kinder, aber Nichten und Neffen.

  • Ohne Testament würden beim Tod von A deren Eltern oder Geschwister miterben.
  • Mit Berliner Testament wird B Alleinerbin.
  • Erst nach B’s Tod geht das Haus an die gewünschten Nichten und Neffen.

So wird sichergestellt, dass die Partnerin nicht plötzlich mit Miterben konfrontiert ist.


10. FAQ – Häufige Fragen

Gilt das Berliner Testament auch für eingetragene Lebenspartnerschaften?
👉 Ja, grundsätzlich ja – doch es gibt Unterschiede, weshalb eine rechtliche Prüfung sinnvoll ist.

Können wir ein Berliner Testament selbst schreiben?
👉 Ja, handschriftlich und unterschrieben reicht. Für komplexere Vermögen ist aber ein Notar oder Anwalt dringend zu empfehlen.

Können wir unser Testament später ändern?
👉 Solange beide Partner leben, jederzeit. Nach dem Tod des ersten Partners ist das meist nicht mehr möglich.

Müssen wir Kinder einsetzen?
👉 Nein. Kinder haben aber Pflichtteilsrechte, die berücksichtigt werden müssen.


11. Fazit – Berliner Testament für gleichgeschlechtliche Ehepaare

Das Berliner Testament ist für gleichgeschlechtliche Ehepaare genauso möglich und sinnvoll wie für heterosexuelle. Es bietet Sicherheit, klare Strukturen und vermeidet Streitigkeiten.

Allerdings birgt es auch Risiken, insbesondere wegen der Bindungswirkung und der Pflichtteilsrechte. Deshalb ist eine rechtliche Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht unverzichtbar.


12. Ihre Kanzlei für Erbrecht in Mecklenburg-Vorpommern

Die Rechtsanwaltskanzlei Brandt unterstützt Sie kompetent bei der Erstellung eines Berliner Testaments – individuell auf Ihre Lebenssituation abgestimmt. Ob gleichgeschlechtliche Ehe, Patchwork-Familie oder Vermögen mit Immobilien: Wir entwickeln für Sie eine rechtssichere Lösung.

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Über RAIN Brandt

Rechtsanwältin Brandt – Expertin für Familienrecht, Scheidungen und Unterhaltsfragen

Die Kanzlei Brandt wurde 2004 von Rechtsanwältin Caroline Brandt in Güstrow gegründet, nachdem sie bereits Erfahrung in einer großen Kanzlei sammelte.

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