Wenn Schulden bestehen und eine Rente bezogen wird, stellt sich oft die Frage: Wie weit darf aufgerechnet werden, bevor das Existenzminimum verletzt wird? Besonders bei Rückforderungen von Sozialleistungsträgern oder Krankenversicherungen kommt es regelmäßig zu Aufrechnungen mit der Rente – aber nicht unbegrenzt.
In diesem Beitrag erklären wir, wann der Pfändungsfreibetrag gilt, wer aufrechnen darf, warum Sie eine Bescheinigung vom Jobcenter benötigen und wie Sie den Aufrechnungsbetrag reduzieren können.
1. Was bedeutet Aufrechnung bei Renten?
Bei der Aufrechnung handelt es sich um ein rechtliches Mittel (§ 387 BGB), mit dem ein Gläubiger eine eigene Forderung mit einer Forderung des Schuldners gegen ihn verrechnen kann. In der Praxis bedeutet das: Ihre Rentenzahlung wird gekürzt, weil der Rentenversicherungsträger selbst oder ein anderer Gläubiger (wie das Jobcenter oder eine Krankenkasse) offene Forderungen gegen Sie hat.
2. Wer darf mit der Rente aufrechnen?
Nicht jeder Gläubiger darf beliebig auf Ihre Rente zugreifen. Die Deutsche Rentenversicherung, Krankenkassen und Jobcenter dürfen jedoch in bestimmten Fällen aufrechnen:
- Krankenkassen: z. B. bei rückständigen Beiträgen.
- Jobcenter: bei Erstattungsansprüchen wegen zu viel gezahltem Bürgergeld.
- Deutsche Rentenversicherung: bei Forderungen aus Rückforderungen oder Erstattungen.
Wichtig: Dabei handelt es sich häufig um öffentliche-rechtliche Forderungen, bei denen nicht die Regeln der Zwangsvollstreckung, sondern die besonderen Regeln zur Aufrechnung im Sozialrecht gelten (§ 52 SGB I, § 51 SGB I, § 43 SGB II).
3. Gilt der Pfändungsfreibetrag auch bei Aufrechnung?
Nein – zumindest nicht automatisch! Der Pfändungsfreibetrag nach § 850c ZPO schützt grundsätzlich das Existenzminimum vor einer Zwangsvollstreckung, nicht aber vor einer Aufrechnung mit öffentlich-rechtlichen Forderungen.
Das bedeutet konkret:
- Aufrechnung ist bis zur Grenze des Bürgergeldanspruchs möglich.
- Der Pfändungsfreibetrag wird nur dann berücksichtigt, wenn dadurch ein Anspruch auf Bürgergeld entstehen würde.
- Nur mit einer Bescheinigung vom Jobcenter kann die Aufrechnung begrenzt werden!
4. Wann endet das Recht zur Aufrechnung?
Die Aufrechnung darf so lange erfolgen, bis Ihre monatliche Rente so weit gekürzt wurde, dass Sie anspruchsberechtigt für Bürgergeld wären. Diese Grenze ergibt sich aus dem fiktiven Bedarf, der Ihnen laut SGB II zustünde – also Regelbedarf plus angemessene Kosten der Unterkunft (KdU).
Erst wenn Ihre verbleibende Rente unter dieser Grenze liegt, darf nicht weiter aufgerechnet werden.
5. Wie berechne ich den fiktiven Bürgergeld-Anspruch?
Hierbei geht es um zwei zentrale Werte:
- Regelleistung: Diese beträgt ab Juli 2024 für Alleinstehende 563 Euro monatlich.
- Kosten der Unterkunft (KdU): Diese variieren je nach Wohnort und Größe der Wohnung.
Beispiel für eine Einzelperson in einem durchschnittlich teuren Ort:
- Regelsatz: 563 €
- KdU: 450 €
- → Gesamtbedarf: 1.013 Euro
Wenn Ihre Rente nach der Aufrechnung unter diesen Betrag fällt, hätten Sie theoretisch Anspruch auf Bürgergeld. Ab diesem Betrag darf nicht weiter aufgerechnet werden!
6. Was brauche ich, um mich zu schützen?
Um eine Begrenzung der Aufrechnung zu erreichen, brauchen Sie eine Bescheinigung vom zuständigen Jobcenter, aus der hervorgeht:
- Wie hoch Ihr fiktiver Bürgergeldanspruch wäre,
- und dass Sie bei weiterer Kürzung der Rente leistungsberechtigt wären.
Diese Bescheinigung müssen Sie beim Rentenversicherungsträger oder der Krankenkasse vorlegen, damit die Aufrechnung begrenzt wird.
7. Reduzierung des Aufrechnungsbetrags – So geht’s:
Schritt 1: Besorgen Sie sich beim Jobcenter eine schriftliche Bestätigung Ihres „theoretischen Anspruchs“ (Bedarf nach Regelleistung und KdU).
Schritt 2: Reichen Sie diese bei der Stelle ein, die aufrechnet (z. B. Rentenversicherung, Krankenkasse).
Schritt 3: Beantragen Sie dort ausdrücklich die Reduzierung oder Einstellung der Aufrechnung, da sonst Ihr Existenzminimum gefährdet ist.
8. Fazit: Ohne Bescheinigung kein Schutz
Die Pfändungsfreigrenzen gelten bei einer Aufrechnung nicht automatisch. Nur wenn Sie aktiv handeln und eine Bescheinigung vom Jobcenter vorlegen, können Sie die Grenze zur Bedürftigkeit nachweisen und eine weitere Aufrechnung verhindern.
Je früher Sie handeln, desto besser können Sie Ihre Rente und Ihre finanzielle Existenz schützen. Bei der Beschaffung der notwendigen Unterlagen und der rechtlichen Durchsetzung Ihrer Ansprüche stehen wir Ihnen als spezialisierte Kanzlei zur Seite.
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Interner Link-Tipp:
Pfändungsschutzkonto – So sichern Sie Ihr Existenzminimum
Externer Link-Tipp:
Informationen zum Bürgergeld und Bedarfsermittlung – Bundesagentur für Arbeit
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