Ein Aufhebungsvertrag kann für Arbeitnehmer auf den ersten Blick wie eine elegante Lösung wirken: Man beendet das Arbeitsverhältnis „einvernehmlich“ mit dem Arbeitgeber – ohne Kündigung, ohne Streit, oft sogar mit einer Abfindung. Doch hinter dieser vermeintlich unkomplizierten Lösung lauern erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken, die viele Arbeitnehmer erst zu spät erkennen.
Die Rechtsanwaltskanzlei Brandt erklärt, worauf Sie achten müssen, bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, welche Folgen drohen können und wann eine rechtliche Beratung dringend zu empfehlen ist.
1. Was ist ein Aufhebungsvertrag überhaupt?
Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ohne Kündigung und ohne Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfristen.
Damit wird ein neues Rechtsverhältnis geschaffen: Beide Parteien vereinbaren freiwillig das Ende des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Datum.
Das bedeutet aber auch:
- Es gibt keinen gesetzlichen Kündigungsschutz,
- keine Klagefrist, um sich später dagegen zu wehren,
- und meist auch keinen Anspruch auf Abfindung, wenn nichts vereinbart ist.
2. Warum Arbeitgeber Aufhebungsverträge anbieten
Für Arbeitgeber ist der Aufhebungsvertrag ein bequemes Mittel, um sich von Arbeitnehmern zu trennen, ohne die Hürden des Kündigungsschutzgesetzes beachten zu müssen.
Insbesondere bei langjährig Beschäftigten oder bei fehlender sozialer Rechtfertigung einer Kündigung versuchen viele Arbeitgeber, den Arbeitnehmer durch eine „einvernehmliche Lösung“ zur Unterschrift zu bewegen.
Dabei wird häufig mit einer Abfindung geworben oder auf eine „wohlwollende“ Arbeitsbescheinigung verwiesen. Doch: Was auf den ersten Blick verlockend klingt, kann sich schnell als Fehler mit schweren finanziellen Folgen erweisen.
3. Die wichtigsten Risiken eines Aufhebungsvertrags für Arbeitnehmer
a) Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Ein besonders gravierendes Risiko ist die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
Die Agentur für Arbeit verhängt regelmäßig eine Sperre von bis zu 12 Wochen, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis selbst löst oder einer Beendigung durch Aufhebungsvertrag zustimmt (§ 159 SGB III).
Diese Sperrzeit bedeutet:
- Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld für bis zu 3 Monate,
- Verkürzung der gesamten Bezugsdauer,
- ggf. Verlust von Rentenversicherungszeiten.
Ausnahme: Nur wenn Sie nachweisen können, dass Ihnen andernfalls eine betriebsbedingte Kündigung drohte und Sie keine unzumutbaren Nachteile hatten, kann die Sperre entfallen.
Hier ist eine anwaltliche Prüfung des Vertragstextes entscheidend.
b) Verlust des Kündigungsschutzes
Mit der Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag verzichten Sie auf alle Rechte aus dem Kündigungsschutzgesetz.
Das bedeutet:
- Keine Möglichkeit mehr, gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu klagen.
- Kein Schutz vor sozial ungerechtfertigter Kündigung.
- Kein Einfluss mehr auf Beendigungszeitpunkt oder Abfindungshöhe.
Viele Arbeitnehmer unterschreiben den Vertrag unter Zeitdruck oder psychischem Druck – und merken erst später, dass sie sich schlechter gestellt haben, als es das Gesetz bei einer Kündigung vorsieht.
c) Kein Anspruch auf Abfindung
Oft wird der Eindruck erweckt, ein Aufhebungsvertrag gehe automatisch mit einer Abfindung einher.
Das ist falsch:
Eine Abfindung gibt es nur, wenn sie ausdrücklich vereinbart wurde.
Selbst wenn eine Abfindung gezahlt wird, kann sie steuerliche Nachteile haben oder bei einer Sperrzeit nicht helfen.
d) Verlust von Urlaubs- und Sonderzahlungen
Viele Arbeitnehmer verlieren durch einen unüberlegten Aufhebungsvertrag Urlaubsansprüche, Weihnachtsgeld oder Bonuszahlungen, wenn diese nicht ausdrücklich im Vertrag geregelt sind.
Der Aufhebungsvertrag sollte daher sämtliche Ansprüche schriftlich sichern, einschließlich:
- Resturlaub (Auszahlung oder Freistellung),
- offene Überstunden,
- Gratifikationen und Tantiemen,
- Dienstwagen- und Versicherungsfragen.
4. Rechtliche Beratung vor der Unterschrift ist unverzichtbar
Bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, sollten Sie den Inhalt durch einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen.
Ein Anwalt kann:
- prüfen, ob eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld droht,
- feststellen, ob Druck oder Täuschung bei der Vereinbarung vorlag (was zur Anfechtung berechtigen kann),
- Verhandlungsspielräume für bessere Konditionen nutzen (z. B. höhere Abfindung oder längere Frist),
- und sicherstellen, dass alle Ansprüche schriftlich geregelt sind.
5. Wann eine Anfechtung oder Rücknahme möglich ist
Ein Aufhebungsvertrag ist grundsätzlich verbindlich.
Allerdings kann er angefochten werden, wenn:
- Sie arglistig getäuscht wurden,
- oder widerrechtlich unter Druck gesetzt wurden (z. B. Drohung mit fristloser Kündigung).
Auch hier gilt: Schnell handeln!
Die Anfechtung muss innerhalb von wenigen Wochen erklärt werden. Ein erfahrener Anwalt kann prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
6. Fazit: Vorsicht vor schnellen Unterschriften
Ein Aufhebungsvertrag kann sinnvoll sein – etwa, wenn ein Arbeitsplatzwechsel bevorsteht oder eine hohe Abfindung sicher ist.
Für die meisten Arbeitnehmer bedeutet er aber vor allem:
- Verlust des Kündigungsschutzes,
- Sperre beim Arbeitslosengeld,
- Verlust von Ansprüchen und oft finanzielle Nachteile.
Lassen Sie sich vor der Unterschrift anwaltlich beraten.
Die Rechtsanwaltskanzlei Brandt hilft Ihnen, Ihre Rechte zu sichern und Fallstricke zu vermeiden.
Kontakt zur Rechtsanwaltskanzlei Brandt
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Dann lassen Sie Ihre Situation rechtlich prüfen, bevor Sie finanzielle Nachteile riskieren.
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